Wunderwerk Prothetik

Innovative Hilfsmittel für Menschen mit Amputationen

 

Das SANITÄTSHAUS AKTUELL MAGAZIN sprach mit Orthopädietechnik-Meister Dirk Rösch vom Sanitätshaus Mönks + Scheer über Beinprothesen mit Sensoren, mikroprozessgesteuerte Kniegelenksysteme, Schaftsysteme mit aktivem Unterdrucksystem und die Besteigung des Kilimandscharos.

Autor: Christian Sujata

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Herr Rösch, Sie sind Orthopädietechnik-Meister. Was gehört zu Ihrem Aufgabengebiet?

Dirk Rösch: Ich beschäftige mich mit allen Bereichen, die in der Orthopädietechnik vorkommen, insbesondere mit dem Bau von Prothesen für amputierte Menschen. Dabei habe ich mich auf die Unterschenkel-, Knie-Ex- und Oberschenkel-Prothetik spezialisiert. Es gibt noch den Bereich Fußprothetik, der kommt allerdings viel seltener vor. Die größte Erfahrung habe ich mit mikroprozessgesteuerten Kniesystemen sowie verschiedenen ganz speziellen Schafttechniken gesammelt.

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Wie viele Menschen kümmern sich bei Ihnen um den Bereich Prothetik?

Dirk Rösch: Wir sind in der Prothesenabteilung, die ich als Orthopädietechnik-Meister leite, insgesamt fünf Mitarbeiter.

© Mönks + Scheer GmbH

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Als Abteilungsleiter blicken Sie vermutlich auf viel Erfahrung zurück. Wie lange sind Sie schon in dem Beruf tätig?

Dirk Rösch: Ich habe 1980 in Velbert mit der Lehre begonnen und 1992 meinen Meister an der Bundesfachschule in Düsseldorf gemacht. Seit dem Jahre 2004 bin ich nun beim Sanitätshaus Mönks + Scheer in Goch und Kleve in verantwortlicher Leitung tätig.

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Was sind das für Patienten, mit denen Sie es zu tun haben, und wie gelangen diese zu Ihnen?

Dirk Rösch: Unsere Patienten sind hauptsächlich mehrfach erkrankte ältere Menschen, vorwiegend Diabetiker sowie Gefäßpatienten, bei denen die Durchblutung nicht wieder herzustellen ist und es somit zu Amputationen kommt. Unfallpatienten machen dagegen einen verschwindend geringen Anteil aus. An uns gelangen die Patienten in der Regel durch die Mediziner. Wir arbeiten mit einer gefäßchirurgischen Klinik im Kreis Kleve zusammen.

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Eine dieser Patientinnen ist die Niederländerin Wendy Baardman. Können Sie uns etwas zu ihrem Fall sagen?

Dirk Rösch: Der Fall von Frau Baardman stellt in gewisser Weise eine Besonderheit dar. Durch einen Sportunfall erlitt sie als Folgeerkrankung einen Morbus Sudeck.

© Mönks + Scheer GmbH

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Was ist das denn?

Dirk Rösch: Das ist eine relativ seltene wie dramatische Erkrankung, die die Bandkapselapparate im Bereich des Unterschenkels betrifft und dazu führt, dass jegliche Art von Berührung, und sei sie noch so leicht, zu anhaltenden Schmerzen führt. Bei Wendy Baardman musste eine Amputation des rechten Beines oberhalb des Kniegelenks durchgeführt werden. Danach saß sie über ein Jahrzehnt lang im Rollstuhl. Irgendwann landete sie mit ihrer Versorgung sowie dem Wunsch, den Rollstuhl wieder verlassen zu können, bei uns. Es kam die Frage auf, wer sich zutraut, sich mit ihrem komplexen Fall zu befassen. Mutig wie ich war (lacht auf ), meldete ich mich. Es folgte rund ein halbes Jahr lang Vorbereitungen auf die erste prothetische Versorgung, durch die sie relativ schnell mobilisiert werden konnte. Weitergemacht haben wir dann mit einem mikroprozessgesteuerten Kniegelenksystem, einer sensortechnologischen Beinprothese und einem spezielleren Schaftsystem. In ihrem Schaftsystem steckt ein aktives Unterdrucksystem: Wenn der Schaft im Stumpf einmal angezogen ist und sie das System betätigt, dann verändert sich der Schaft keinen Millimeter mehr in irgendeine Richtung. Mit der erfolgreichen Systemkombination konnte sie endlich wieder richtig laufen und schließlich sogar den Kilimandscharo besteigen.

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie von der erfolgreichen Bergbesteigung erfahren haben?

Dirk Rösch: Nach so einer intensiven Zeit, die man miteinander verbracht hat, und der Anwendung von solch ausgefeilten Systemen, die aufeinander wirklich sehr gut abgestimmt werden müssen, sowie meinem eigenen Beitrag, ihr die technischen Voraussetzungen zu ermöglichen, so einen Kraftakt überhaupt zu schaffen, habe ich mich selbst ein wenig wie ein Gipfelstürmer gefühlt.

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Können Sie uns das mikroprozessgesteuerte Kniesystem erläutern, wie Frau Baardman eines trägt?

Dirk Rösch: Dieses System ist mit hervorragenden funktionalen Dämpfern versehen und außerdem komplett wasserfest. Damit kann sich ein Patient in bis zu drei Metern Wassertiefe bis zu einer Stunde lang aufhalten, ohne dass Wasser in die Hydraulik oder Elektronik eindringt. Die Energieversorgung verläuft über einen Akku, der ins Kniesystem eingebaut ist.

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Das klingt nach hochmodernem, intelligentem Hightech. Zum Vergleich: Wie war das eigentlich vor 39 Jahren, als Sie anfingen?

Dirk Rösch: (lacht) In meiner Lehrzeit habe ich angefangen, noch Holzprothesen mit mechanischen Holzkniegelenken zu bauen. Oder Unterschenkelprothesen mit schweren Schienen und Lederschäften. Wenn man sich das vor Augen hält, wird einem klar, wie immens fortgeschritten die Technik heute ist. Gerade die Mikroprozesssteuerung ist ein enormer Meilenstein. Außerdem sind die Materialien heute um ein Vielfaches leichter und vor allem der Halt, die Haftung der Prothesen um ein Vielfaches besser.

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Wie geht die Entwicklung weiter?

Dirk Rösch: Es wird eine Verbesserung für altersbedingte Amputierte geben, bei denen man auch mit zwar sehr aufwendigen, dafür aber auch sehr sicheren, elektronisch gesteuerten Kniegelenksystemen arbeiten wird. Damit werden zukünftig auch 80-Jährige oder noch Ältere von der innovativen Mikroprozesstechnik profitieren. Eine andere Weiterentwicklung, die ich mir wünsche, ist eine Verbesserung der Sensorik. Menschen mit einer Amputation verlieren nämlich nicht nur ein Körperteil, sondern auch ein wichtiges Gefühl: ihren Tastsinn. Wenn man es also schafft, die Sensorik so weiterzuentwickeln, dass sie es Amputierten ermöglicht, den verloren gegangenen Tastsinn zu simulieren, wäre das fantastisch. Es gibt einige renommierte Institute, die derzeit genau daran forschen.

SANITÄTSHAUS AKTUELL Magazin: Herzlichen Dank für das sehr interessante Gespräch!

Mehr über das Sanitätshaus mit dem Lächeln erfahren Sie auf der Seite: www.moenks-scheer.de

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