Laufen mit Haltung

Dr. Horst Schüler im Interview über seine “Laufmaus”

 

In Zeiten der Coronakrise sind wir alle aufgefordert, Haltung zu zeigen. Nicht nur Abstand zu anderen Menschen. Auch die innere Haltung zur eigenen körperlichen wie seelischen Gesundheit in Zeiten von Beschränkungen der Mobilität ist jetzt wichtiger denn je. Der Facharzt und Sportmediziner Dr. med. Horst Schüler verlor vor einigen Jahren infolge eines Autounfalls erst den Halt, dann große Teile seiner Bewegungsfähigkeit. Wie der jetzt 68-Jährige seine Hilfsbedürftigkeit meisterte, seine Gesundheit und die richtige Haltung beim Laufen wiederfand, verriet er in einem Gespräch mit dem SANITÄTSHAUS AKTUELL MAGAZIN.  

Autor: Christian Sujata

SAM: Herr Dr. Schüler, erzählen Sie uns etwas zu Ihrem Unfall und den Folgen!

Dr. Horst Schüler: Mein Unfall ereignete sich 2007 auf dem Weg zu einem Hausbesuch. Ein LKW fuhr ungebremst auf mein Auto auf. Die Auswirkungen: Das Rückenmark in meiner Halswirbelsäule war schwer geschädigt. Der Schmerz und die traurige Aussicht, sich nicht mehr ohne fremde Hilfe bewegen zu können, waren überwältigend. Auf meine gewohnte Geschicklichkeit von Händen und Füßen konnte ich nicht mehr vertrauen, auch mein vegetatives Nervensystem war völlig verändert.

SAM: Wie lange ging das so?

Dr. Horst Schüler: Ich musste ein Jahr lang mit diesen Schmerzen und Einschränkungen leben, weil meine Gliazellen (Stützgewebe des Nervensystems, Anm. d. Red.) im Halsmark zu flüssig waren, um eine Operation zu riskieren. Als ich endlich operiert wurde, stellte sich eine etwa 50-prozentige Verbesserung ein.

SAM: Und wie haben Sie die fehlenden 50 Prozent wiedererlangt?

Dr. Horst Schüler: Nachdem Physiotherapeuten auch keine Wunder bewirken und mir nicht die Verkrampfungen der Extremitäten und den Schmerz nehmen konnten, versuchte ich selbst eine eigene Reha. Ich stellte mich auf lange Jahre ein und es sollten dann biblische sieben werden, bis ich wieder beschwerdefrei war. Irgendwann kam ich darauf, meine Arme und Hände in eine Entlastungsposition zu bringen, die diese Verkrampfungen minderte: Ich habe die Arme angewinkelt und die Handflächen nach oben gewendet. In dieser Position entspannte sich mein gesamter Körper. Dabei wurde mir bewusst, dass der menschliche Körper nicht statisch, sondern eine lebende Skulptur ist, die sich in Richtung Gesundheit selbst verändern will.

SAM: Wie ging es dann weiter?

Dr. Horst Schüler: Aufgrund des positiven Effekts der speziellen Armhaltung habe ich mir dann ein Hilfsmittel hergestellt, das Arme und Hände in diese entlastende Stellung brachte. Innerhalb kürzester Zeit verlängerten sich meine Bewegungsspielräume, meine Geh- und später sogar meine Laufdistanzen. Das von mir für diese wunderbare Aufrichtung aus Luftknete geformte Handstück, das ich wegen seiner mausförmigen Form „Laufmaus“ nannte, gab ich einer weiteren Person. Diese hatte nach einer Herztransplantation ähnliche Beschwerden im Bereich des Brustkorbs und der Extremitäten wie ich. Auch sie berichtete mir glücklich über denselben positiven Effekt: eine Lockerheit in den Armen und eine Leichtigkeit beim Laufen.

SAM: Woran könnte das liegen?

Dr. Horst Schüler: An den Händen und ihrer bevorzugten Ausstattung mit Biosensoren, die im menschlichen Körper wunderbare Reaktionen hervorrufen. „Mit den Händen heilen“ bekommt hier eine neue Bedeutung. Viele Publikationen der Sportwissenschaft und der Sportmedizin erwähnen die Handhaltungen bei Sportarten, aber niemand hat sich bisher über die praktische Umsetzung der sensomotorischen Kompetenz der Handinnenflächen für die Körperspannung und die Körperhaltung Gedanken gemacht. Schuhzurichtungen in Laufschuhen sind nicht allein hilfreich, Beschwerden und Fehler beim Gang und Lauf zu verhindern und eine physiologische Laufposition zu unterstützen. Der Kopf will dem Läufer bei Ermüdung immer „vor die Füße fallen“, weil die aufrichtende Rückenmuskulatur erlahmt. Ein „Aufrichter“ in unseren Händen unterstützt dagegen die korrekte Haltung sowie Entspannung in den Armen und verhindert, dass wir der Schwere unseres Kopfes nachgeben. Für ein ungetrübtes Lauferlebnis werden die Hände mit der von mir erfundenen „Laufmaus“ mindestens so wichtig wie die Beine. Damit wächst die Vorfreude auf Bewegung, wenn der unbeschwerte Bewegungsfluss und die Lockerheit als Belohnung winken.

SAM: Nun wollen Sie mit ihrer Entwicklung auch andere erreichen?

Dr. Horst Schüler: Korrekt, denn es gibt sehr viele Menschen, die Probleme beim Laufen oder Gehen haben. Diese reichen von Verkrampfungen, Kurzatmigkeit, wenig oder fehlender Kondition bis zu Schmerzen. Mit meinem „Handläufer“, der „Laufmaus“, will ich allen Läufern und Gehern die natürliche Lockerheit und Sicherheit wiedergeben, die sie bis dato schmerzlich vermissen. Meine „Laufmaus“ ist ein Zurück zur Natürlichkeit – wie sie bei kleinen Kindern noch selbstverständlich ist und dann leider verloren geht – und eine Hinwendung zu einem Optimum der individuellen Bewegungsfähigkeit. Dies ist besonders jetzt gefragt in einer Zeit, wo durch Einschränkungen in der Coronakrise viele Menschen körperlich und seelisch belastet sind und keine „Ventile“ haben, um Überdruck abzulassen oder Energie zu tanken. Die „Laufmaus” kann jetzt besonders wichtig sein, um zu innerem und äußerem Halt zurückzufinden. Meine „Laufmaus“ kann dabei helfen, den Menschen über die Hände wieder Beine zu machen.

SAM: Herzlichen Dank für das interessante Gespräch!

 

Mehr über Dr. Horst Schüler und seine Haltungsidee erfahren Sie auf seiner Seite unter: www.dr-horst-schueler.de

Alle Infos zur LAUFMAUS gibt es unter: www.laufmaus.run

Das könnte Sie noch interessieren:

Kontakt zur Sanitätshaus Aktuell Magazin Redaktion

Folgen Sie unserem Magazin auf: